Auf den Punkt \

Marktkommentar September 2020

Inhalt:

  • Die „zweite Welle“
  • Ifo-Geschäftsklimaindex – ein wichtiger Konjunkturindikator
  • Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?
  • Platin – das vergessene Edelmetall
  • Einzelwert Fresenius
  • Relationen und Extreme – Tesla & Co
  • Ausblick

Die „zweite Welle“

Steigende Corona-Infektionszahlen sowie deren mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaft verunsichern die Aktienmärkte erneut. Die „zweite Welle“ der Pandemie ist da. Sie ist zwar in den Szenarien der Analysten enthalten, allerdings kommt sie früher als erwartet. In vielen Ländern steigen die Infektionszahlen rapide an – nicht zuletzt auch wegen deutlich vermehrter Tests. Allerdings gibt es trotz der höheren Infektionszahlen (noch) weit weniger schwere Verläufe als bei der ersten Welle im März/April. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es bei lokalen Maßnahmen und Einschränkungen zur Eindämmung der Fallzahlen bleiben wird. Kleinere Familienfeiern, begrenzte Zuschauerzahlen bei öffentlichen Veranstaltungen, verschärfte Maskenpflicht, Beschränkungen im Reiseverkehr etc. – nicht erfreulich, jedoch sind diese Maßnahmen zum Schutze Aller nötig. Sie treffen nur begrenzte Teile der Wirtschaft und helfen einen erneuten Lockdown wie im Frühjahr zu vermeiden. Wir gehen in unseren Szenarien nicht von einem abermaligen kompletten Abschalten der Wirtschaft aus.

Sicherlich stellt die Pandemie neben politischen Themen wie z.B. dem Brexit und den Wahlen in USA derzeit das größte Risiko dar. Mittlerweile ist die deutsche Wirtschaft besser vorbereitet, Lieferketten scheinen stabil und in den zurückliegenden Wochen haben viele Volkswirte ihre Prognosen immer wieder nach oben korrigiert, wobei sich dieser Trend aktuell wieder verlangsamt. 

 

Ifo-Geschäftsklimaindex – ein wichtiger Konjunkturindikator

Definition:

Der ifo-Geschäftsklimaindex, kurz ifo-Index, wird monatlich vom Münchener ifo-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. veröffentlicht und ist der wichtigste Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Der ifo-Index wird durch monatliche Umfragen unter mehr als 7.000 Unternehmen aus Handel, Bau- und Verarbeitendem Gewerbe zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage ermittelt.

Aktuelle Lage:

Nach dem historischen Einbruch im März/April erfolgte die Erholung. Jüngst ist der Ifo-Geschäftsklimaindex im September auf 93,4 gestiegen, von revidiert 92,5 im Vormonat. Ökonomen hatten etwas mehr erwartet, und ihre Analysen waren vorab von 93,8 ausgegangen.

Die Unternehmen beurteilen die aktuelle Situation also etwas positiver als im Vormonat und erwarten eine weitere Erholung der Geschäfte.

Laut Ifo-Präsident Clemens Fuest stabilisiert sich die Wirtschaft trotz steigender Infektionszahlen. Es ist ein merklicher Anstieg im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten und eine deutliche Aufhellung im Handel, sodass Händler eine weitere Belebung in den nächsten Monaten erwarten.

 

Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?

Energie – ein Menschheitsthema. Angefangen beim einfachen Holzfeuer, über Holzkohle und fossile Brennstoffe stellt sich die Frage der Energieversorgung der nächsten Jahrzehnte.

Hier gilt Wasserstoff als Energie- und Hoffnungsträger und könnte zu einer Schlüsseltechnologie bei der Energiewende werden. Ohne Wasserstoff dürfte eine klimaneutrale Zukunft aus heutiger Sicht nur schwierig möglich werden – mangels vorhandener Alternativen.

Jedoch wird es teuer werden, Wasserstoff als Energieträger der Zukunft zu etablieren. Noch sind viele technische Hürden zu nehmen, um eine massentaugliche Nutzung zu erschwinglichen Preisen möglich zu machen. Allein Deutschland investiert rund neun Milliarden Euro aus Fördermitteln des Corona-Konjunkturpaketes in die Wasserstoff-Industrie, um das Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können.

Wasserstoff hat unseres Erachtens gute Chancen, im Fern- u. Schwerlastverkehr, bei Bussen und Bahn sowie in der Luftfahrt als Treibstoff der Zukunft Verwendung zu finden. Hingegen sehen wir im urbanen Verkehr bei PKW und Kleinkraft-Lastwagen eher die Elektromobilität im Lead.

Die Wasserstoff-Idee ist nicht neu. Bereits in den 1970er Jahren wurde sie – ausgelöst durch die damalige Ölkrise – als Alternative zum schwarzen Gold in Betracht gezogen, konnte sich jedoch trotz intensiver Forschung bislang nicht durchsetzen. Wenngleich es mittlerweile viele Befürworter gibt, müssen noch viele Probleme gelöst werden. Tragfähige bzw. finanzierbare Herstellungsprozesse, konkrete Strategien, Lieferbeziehungen, Versorgungs- und Geschäftsmodelle bis hin zum sicheren Einsatz im täglichen Leben. Bis dahin dürfte es noch ein weiter Weg sein.

Dieser Umstand erschwert es Anlegern, in diesen Trend zu investieren. Bislang muss man fast von einem Hype bzw. einer Spekulation in einer zwar vielversprechenden Idee mit jedoch offenem Ausgang sprechen. Die mit dem Thema verbundenen Unternehmen befinden sich nach wie vor in der kostenintensiven Forschungs- und Investitionsphase und es ist nicht abzusehen, wer hier am Ende ein tragfähiges Modell entwickeln und damit längerfristig am Markt wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

Ob es die großen Gase-Hersteller wie Air Liquide oder Linde sein werden, die den grünen Wasserstoff herstellen, ist noch nicht klar. Ebenso, welche Rolle die Öl- und Gaskonzerne, die Versorger oder andere Unternehmen spielen werden. Große Konzerne machen bisher, wenn überhaupt, nur minimalen Umsatz mit Wasserstoff. Langjährige Wasserstoff-Spezialisten schreiben noch immer tiefrote Zahlen – und werden rein von der Fantasie künftiger Erfolge getragen.

Fazit: Neue Forschungsergebnisse, technische Innovationen, sinkende Kosten und eine damit zunehmende Wettbewerbsfähigkeit, steigende Nachfrage und eine Erweiterung der Anwendungen, gepaart mit politischen Vorgaben und entsprechenden Förderprogrammen, können zu einem lang anhaltenden Boom beim Thema Wasserstoff führen. Für den Moment erachten wir allerdings das Risiko von Wasserstoff-Aktien für die meisten risikoneutralen Anleger als zu hoch.

 

Platin – das vergessene Edelmetall

Die Flucht in Sachwerte hat zu einem enormen Anstieg des Goldpreises geführt, welcher an Platin komplett vorbeigegangen ist. Das Edelmetall notiert noch immer auf Vorjahresniveau.

Hier spiegelt sich in erster Linie seine Rolle als Industriemetall wieder. Da Platin in Katalysatoren zur Abgasreinigung (Diesel) verwendet wird, lastet die Schwäche der Automobilwirtschaft auf dem Preis. Aufgrund des hohen Goldpreises scheint sich derzeit eine höhere Nachfrage aus der Schmuckindustrie zu entwickeln. Da die Produktionskosten einer Unze Platin bei ca. 1.000 USD liegen sollen, erscheint der Preis vom 30.09.2020 bei 877 USD deutlich zu niedrig – man könnte hier sogar von einem natürlichen „(Kurs)Boden“ sprechen. Nebenbei bemerkt wird Platin auch bei Produktion von Wasserstoff als Katalysator eingesetzt, was die Nachfrage in den nächsten Jahren positiv beeinflussen könnte.

 

Allgemeine Einzelwertbetrachtung: Fresenius SE & Co KGaA

Die Fresenius SE ist ein international tätiger Gesundheitskonzern, der Produkte und Dienstleistungen für Krankenhäuser, die ambulante medizinische Versorgung von Patienten und die Dialyse anbietet. Weitere Arbeitsfelder sind das Krankenhausträgergeschäft sowie Engineering- und Dienstleistungen für verschiedene Gesundheitseinrichtungen. Zum Fresenius-Konzern gehören vier Unternehmen, die weltweit eigenverantwortlich wirtschaften und handeln: Fresenius Medical Care, Fresenius Kabi, Fresenius Helios und Fresenius Vamed. Fresenius Medical Care ist der weltweit führende Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für Patienten mit chronischem Nierenversagen. Fresenius Kabi ist Marktführer in der Infusionstherapie und in der klinischen Ernährung in Europa. Die Helios Kliniken Gruppe ist eine der größten und medizinisch führenden Klinikunternehmen Europas und auf den Betrieb sowie das operative Management von Krankenhäusern spezialisiert. Vamed ist weltweit im Projekt- und Managementgeschäft von Gesundheitseinrichtungen tätig. Dazu zählen Krankenhäuser, Gesundheits-zentren sowie Thermen- und Wellnesscenter. Darüber hinaus werden über die Fresenius NetCare Dienstleistungen im Bereich Informationstechnologie angeboten.

Der Unternehmenswert der Fresenius SE beträgt derzeit ca 20,5 Mrd EUR. Die Umsatzerlöse des Unternehmens beliefen sich im Jahr 2019 auf 35,4 Mrd EUR, woraus ein Nettoergebnis von ca 1,9 Mrd EUR resultierte. Sowohl Umsatz als auch Gewinn konnten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Das Geschäftsmodell zeigte sich in der Corona-Krise insgesamt robust. Trotz belastender Covid-19 Effekte im 2. Halbjahr erwartet Fresenius einen Umsatz und Gewinn auf Vorjahresniveau bzw. leicht darunter. Dazu trägt nicht zuletzt eine erwartete kontinuierliche Verbesserung der Profitabilität bei.

Insgesamt stehen Krankenhäusern nach einer Studie des RWI Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung schwere Jahre bevor. Schon vor der Corona-Krise sei die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser kontinuierlich schlechter geworden. Die Pandemie hat diese Herausforderungen noch verschärft. Eine stärkere Zentralisierung der Krankenhäuser scheint unumgänglich.

Fresenius sollte mit seinem starken Unternehmensportfolio ein langfristiger Profiteur dieser Entwicklung sein. Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,5 und einer Marktkapitalisierung auf etwa halbem Umsatzniveau ist die Aktie aus unserer Sicht zu günstig bewertet. Der Kurs reflektiert in keiner Weise die Zukunftsfantasie des Unternehmens.

 

Relationen und Extreme

Kaufen ohne Rücksicht auf Bewertungen – geht so etwas gut?

Eine fundierte Aktienauswahl entscheidet über den langfristigen Erfolg, denn kurzfristig ist alles Spekulation. Wer Aktien zu Fantasiepreisen kauft, riskiert große Verluste.

Zoom Video Communictions, Shopify und Tesla sind nur einige Beispiele, die unseres Erachtens fundamental völlig überbewertet sind. Hier wird Fantasie teuer bezahlt.

Zoom erwartet einen Jahresumsatz von ca. 2 Mrd. Dollar und einen Gewinn 2020 von gerade einmal 25,3 Millionen USD. Der Börsenwert stieg zeitweilig auf 125 Milliarden Dollar!

Shopify plant Umsätze von ca. 2 Milliarden Dollar, erzielt bislang noch keinen Gewinn und kam vorrübergehend auf eine Marktkapitalisierung von rund 120 Milliarden Dollar!

Der Autokonzern Tesla war in der Spitze mit fast 500 Milliarden Dollar bewertet, d.h. bei einem Umsatz von ca. 30 Mrd. und einem nur marginalen Gewinn somit mehr wert, als die gesamte europäische und amerikanische Autoindustrie zusammen. Ist das gesund?

Der Höhenflug von Amazon, Apple, Microsoft und Co scheint kein Ende zu nehmen. Diese Technologiekonzerne sind zwar finanziell top aufgestellt, aber die Bewertungen sind extrem und der Hype kann durchaus abrupt enden.

Amazon war vor der letzten Korrektur im September mit fast 1,6 Billionen EUR bewertet. Der DAX, mit den 30 größten Konzernen Deutschlands, insgesamt hingegen nur mit 1,1 Billionen EUR.

Noch ein Vergleich: der Wert Amazons entspricht fast dem kompletten Bruttoinlandsprodukt Italiens – immerhin die acht größte Industrienation der Welt. (Bruttoinlandsprodukt = Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft produziert werden)

Viele Firmen der „Old Economy“ erscheinen stark unterbewertet. Einer der Gründe hierfür ist, dass die Geschäftsmodelle derzeit über wenig Fantasie verfügen. Wir sind der Meinung, dass diese Unterbewertung korrigiert werden wird.

 

Ausblick

Der DAX ist nach den großen Rückschlägen seit Jahresbeginn nur noch leicht im Minus, allerdings liegt das europäische Pendant, der EuroSTOXX 50, seit Jahresanfang noch fast 15 % im Minus.

Für viele Firmen wird 2020 kein Erfolgsjahr werden. Angesichts der stärksten Abschwächung der Wirtschaft seit dem 2. Weltkrieg ist dies nicht anders zu erwarten. Corona ist für die internationale Wirtschaft eine enorme Herausforderung. Die Chancen stehen aber gut, gestärkt aus der Krise heraus zu kommen.

Eine Stimme, die unter den führenden Virologen in Deutschland immer lauter wird, könnte diese Entwicklung stützen; die von Prof. Dr. med. Hendrik Streeck. Sein Leitmotiv „Wir haben es mit einem ernstzunehmenden Virus zu tun, aber wir dürfen dieses nicht überdramatisieren“. Die Infektionszahlen sollten nicht im Vordergrund stehen, sondern die Auslastung der stationären Behandlung und Intensivbetten. Er warnt vor dem Irrglauben, man könne das Virus besiegen. Vielmehr müssten wir uns damit abfinden, dass das Virus schlichtweg da ist und da bleibt, unabhängig von Impfungen und Medikamenten. Er plädiert für eine neue Routine. Keine Sorglosigkeit, aber mit dem Risiko intelligent umgehen zu lernen, wie bei vielen anderen Risiken des Lebens auch. Dies schafft vielleicht auch die Akzeptanz bei der jüngeren Generation in Deutschland und hilft einen weiteren Lockdown zu vermeiden.

Es lohnt sich zumindest einmal darüber nachzudenken!

Das Wichtigste zum Schluss:
Bleiben Sie gesund!

Herzliche Grüße aus Trier
Ihr Team der BSK Vermögensverwaltung GmbH

Disclaimer/Risikohinweis:

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